Cottbus, 6. November 2025. Für eine klimaneutrale Industrie braucht es Tempo – und tragfähige Finanzierungsmodelle. Wenn Deutschland bis 2045 CO₂-neutral produzieren will, müssen neue Technologien nicht nur entwickelt, sondern auch finanziert und skaliert werden. Die diesjährige Lausitzer Fachkonferenz – Klimaneutrale Industrie widmete sich daher ganz dem Thema Finanzierung der industriellen Transformation.
Rund 300 Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden sind der Einladung des Clusters Dekarbonisierung der Industrie (CDI) gefolgt. Vor Ort auf der Messe Cottbus und digital diskutierten sie über konkrete Wege in eine klimafreundliche Zukunft. Im Mittelpunkt standen Praxisberichte von Unternehmen verschiedener Branchen zu Hürden und Finanzierungmodellen von treibhausgasneutralen Projekten.
Den Auftakt machte Dr. Beate Baron, Abteilungsleiterin für Industriepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Sie ermutigte die deutsche Industrie, beim Aufbau klimaneutaler Produktionsverfahren und Energietechnologien eine führende Rolle einzunehmen. Die Bundesregierung arbeite daran, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen – etwa durch Senkung der Energiekosten, den Ausbau von CCS- und CCU-Technologien und die Entwicklung grüner Leitmärkte. „Die Nachfrage zu stärken, ist ein zentrales Element. Deshalb sind Leitmärkte so wichtig“, sagte Baron.
„Die Dekarbonisierung der Industrie ist kein Selbstläufer“, betont Dr. Ricarda Tänzer-von Daake, kommissarische Leiterin der CDI Koordinierungsstelle. „Für die meisten Betriebe steht die Wirtschaftlichkeit an erster Stelle. Unsere Partner spiegeln uns klar zurück: Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind herausfordernd. Daher ist die Investitionsförderung in die CO₂-Reduktion entscheidender denn je, um die Wettbewerbsfähigkeit von morgen zu sichern. Genau deshalb bringen wir Unternehmer und Entscheidungstragende zusammen.“
Kristina Jeromin, Expertin für Transformationsfinanzierung, zeigte in ihrer Keynote Strategien auf, wie der industrielle Wandel finanziell gelingen kann – auch für mittelständische Unternehmen. „Deutschland verfügt über eine starke Bankenlandschaft. Das ist ein Standortvorteil für einen zukunftsfähigen Mittelstand. Aber die Verzahnung zwischen Kapitalbedarf und -bereitstellung muss effizienter werden. Gleichzeitig brauchen wir besseren Kapitalmarktzugang und mehr Risikokapital“, forderte Jeromin.
Praxisnahe Beispiele lieferten Christoph Menzel (Enertrag) und Claudia Hain (Wolf Energetik next generation), die innovative Finanzierungsansätze aus ihren Projekten präsentierten. Heike Freimuth, Senior-Beraterin der EIB-Gruppe in Deutschland, hob hervor, dass Europa über enormes Innovationspotenzial verfüge. Doch damit Ideen wachsen könnten, brauche es passende Finanzierungs- und Beratungsangebote sowie die Mobilisierung privaten Kapitals.
Dr. Sebastian Rink, Experte für Sustainable Finance, erklärte, welche Rolle Banken und Investoren in der Transformation übernehmen können. Sie seien entscheidende Akteure, um Kapital gezielt in nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken.
Dr. Luisa Sievers, Wissenschaftlerin am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), sagte, dass die Verfügbarkeit und die Kosten erneuerbarer Energien zunehmend zum entscheidenden Standortfaktor würden. Um Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung in Deutschland langfristig zu sichern, seien gezielte strukturelle Anpassungen notwendig. Als Beispiel nannte die Expertin den Ausbau heimischer Erzeugungskapazitäten und die Einbindung grüner Energieimporte.
Ein Höhepunkt der Konferenz war der Innovation Pitch, bei dem drei Unternehmen und Start-ups ihre Technologien vorstellten:
- Die regryd GmbH präsentierte einen patentierten Langzeithochtemperaturspeicher aus recycelbaren Materialien zur Nutzung überschüssiger Wind-, Solar- und Abwärmeenergie.
- GETEC heat & power GmbH stellte eine der größten Luft-Wasser-Wärmepumpen Deutschlands vor – mit einer Leistung, die rund 350 Einfamilienhaus-Wärmepumpen entspricht.
- Skermjan zeigte, wie CO₂-negative Energie- und Stoffkreisläufe für die nachhaltige Transformation von Industriestandorten sorgen können.
Über das CDI
Das Cluster Dekarbonisierung der Industrie ist ein interdisziplinäres Netzwerk aus Unternehmen, Verbänden und Forschungseinrichtungen. Aus der Strukturwandelregion Lausitz heraus unterstützt es als Ideengeber und Multiplikator den Transformationsprozess der Industrie hin zur Klimaneutralität. Das Cluster wurde 2021 gegründet und umfasst mehr als Partner aus ganz Deutschland. Dazu zählen energieintensive Unternehmen – wie etwa der Chemiekonzern BASF, der Zementhersteller Cemex und der Stahlproduzent ArcelorMittal − sowie diverse Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen der Energiewirtschaft.
Erster Anlaufpunkt für alle Clusterpartner und Interessierten ist die CDI Koordinierungsstelle. Sie wird vom Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) betrieben und ihre Aufgabe ist es, die vielfältigen Clusteraktivitäten zu entwickeln, zu organisieren und Ergebnisse zu sichern.
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Bildunterschrift: Dr. Ricarda Tänzer-von Daake (v.l), Kommissarische Leiterin der CDI-Koordinierungsstelle, begrüßt zusammen mit Moderatorin Nadine Lindner die Gäste der Lausitzer Fachkoferenz 2025 in der Messe Cottbus. (Foto: © CDI | Jens Jeske)