Die Studie untersucht erstmals praxisnah die technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Möglichkeiten sowie Hemmnisse einer künftig stärkeren Flexibilisierung der Energieverwendung im Industriesektor. Mit Blick auf das gesamte Stromsystem Deutschlands werden die Flexibilitätsoptionen der klimaneutralen Grundstoffwirtschaft qualitativ und quantitativ analysiert. Kombiniert wird dies mit repräsentativen Fallstudien von Unternehmen aus den Branchen Stahl, Aluminium, Glas, Zement und Chemie, die einen gelingenden Übergang zur CO2-freien Produktion demonstrieren – etwa hinsichtlich der Elektrifizierung, Lastverschiebung oder hybriden Anlagenversorgung. Zudem leitet das 200-seitige Papier Empfehlungen für eine stärkere Flexibilisierung von industriellen Prozessen ab.
Jakob Flechtner, Leiter des Kompetenzzentrums Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI), sagt anlässlich der Studienveröffentlichung an der RWTH Aachen: „Auf dem Weg zur Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie trifft eine stark steigende Nachfrage nach Strom auf eine zunehmend wind- und sonnenabhängige Erzeugung sowie eine nicht beliebig ausbaubare Netzinfrastruktur. Damit erhalten ein räumlich und zeitlich flexibilisiertes Angebot, Speichermöglichkeiten sowie eine angepasste Nachfrage zentrale Bedeutung. Unsere Studienergebnisse bieten Unternehmen der Grundstoffindustrie und des Energiesektors branchenspezifisch Orientierung für die strategische Ausrichtung ihrer Anlagen. Zugleich stellen sie Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger dar, beispielsweise bei der anstehenden Neugestaltung der Netzentgelte.“
Fokus auf klimaneutrales Energiesystem
Während frühere Untersuchungen sich vor allem auf die Quantifizierung und Bewertung des Potenzials durch eine Flexibilisierung bestehender Produktionsprozesse konzentrierten, richtet die neue KEI-Studie den Blick wesentlich stärker auf das zukünftige klimaneutrale Industrie- und Energiesystem. Dabei stehen die erwartete Elektrifizierung sowie der Umstieg auf Wasserstoff im besonderen Fokus. Methodisch umgesetzt haben die wissenschaftliche Arbeit das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen im Auftrag des im brandenburgischen Cottbus ansässigen Kompetenzzentrums.
Die Ergebnisse der Studie „Flexibilisierung elektrifizierter Industrieprozesse" sind heute vom Forschungsteam an der RWTH Aachen vorgestellt worden. Grußworte sprachen Dr. Beate Baron, Leiterin der Unterabteilung Dekarbonisierung, Klima- und Umweltschutz in der Industrie, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), sowie Prof. Dr. Christian Wuppermann, Institutsleiter, IOB - Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der RWTH Aachen. Die nächsten Schritte zur Umsetzung der Flexibilitätsmaßnahmen in Deutschland sind abschließend auf einer Podiumsdiskussion erörtert worden.